step into a homeless city

Untersuchungsfeld: Heimat

Unmittelbar und authentisch setzt sich Monika Huemer mit dem Begriff der Heimat auseinander. In „step into a homeless city“ geht es ebenso um den Verlust von Heimat, als auch um die Suche nach (neuer) Heimat. Die Künstlerin nähert sich diesen Themen durch Tanz und die Darstellung in szenischen Bildern.

Was ist Heimat? Der Begriff hat mit der Beziehung zwischen Mensch und Raum zu tun. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird er auf den Ort angewendet, in den ein Mensch hineingeboren wird und an dem er zunächst aufwächst. In dieser Heimat finden die frühesten Sozialisationserlebnisse statt. Identität, Charakter, Mentalität, Einstellungen und Weltauffassungen werden geprägt (Bausinger). Heimat also als räumlich-soziale Einheit, in der der Mensch Sicherheit und Verlässlichkeit des Daseins erfahren kann.

Der Begriff Heimat lässt jedoch weitere Deutungsebenen zu. So kann auch der Körper als erster und vermeintlich einziger Bezugspunkt, der sich mit uns durch unser Leben bewegt, als Heimat begriffen und erfahren werden, ebenso wie die Verbundenheit mit der unmittelbaren Umgebung, oder die nahe und konstante Beziehung zu Menschen.

„step into a homeless city“ begleitet einen Menschen auf dem Weg der Assimilation mit seiner Umwelt, dem Verlassen dieser entwickelten und gewachsenen Einheit, die sich Heimat nennt und dem Betreten fremden Territoriums. Es folgt ein neuerliches Bestreben, sich mit dieser noch fremden Umwelt vertraut zu machen, und wieder Heimat zu finden.

Die Bewegung, der Tanz, ist für Monika Huemer ein Medium für den Dialog, der einerseits mit sich selbst, und andererseits mit der „Nahwelt“ stattfindet. Ein Spiel mit dem Finden und dem Herausfallen aus der persönlichen, körperlichen Heimat.

Die Choreografien der Künstlerin Monika Huemer entfalten sich allmählich und sind immer Ausdruck der eigenen künstlerischen Vorstellung. Durch Genauigkeit und klare Formen, Bedacht und Konzentration wird für die Betrachtenden eine Atmosphäre der Ruhe und nahezu stoischer Schönheit erlebbar.

Konzept, Choreografie und Tanz: Monika Huemer
Lichtdesign: Rainer Kocher
Sounddesign: Alex Jöchtl
Kostüm: Astrid Hofstetter
Fotos: Reinhard Winkler

Mit freundlicher Unterstützung von Land Oberösterreich, Stadt Linz und Posthof.

Kritiken:

Oberösterreichische Nachrichten vom 24. März 2014
Die aufwühlende Suche nach intimer Behausung
Sie kauert auf dem Boden, schön langsam frischt Leben in ihr auf – so, als würde sie sich (vielleicht zu lange) aus einem Kokon herauswinden oder von unsichtbarer Kraft hinausgedrängt werden. Auf diese Weise begann Monika Huemers TanzTage-performance „step into a homeless city” am Freitag im Linzer Posthof. Zum Wummern von Electrosound verharrt ihr Körper trotz anstrengendster Positionen in schwebender Leichtigkeit. In anderen Momenten sieht es so aus, als seien ihre Gliedmaßen von fremder Hand geführt. Die abstrakte Psychologie – einmal rasant, dann in sich versunken – von Heimatverlust und Heimatsuche strömen aus ihrem Körper wie im gleichen Moment gefühlt. Und doch büßt Monika Huemer nie an Körperspannung ein. An der Glaubwürdigkeit Ihrer Sehnsucht nach der intimsten Behausung des Körpers ist in keinem Moment zu rütteln. Eine intensive, aufwühlende Stunde.
TanzTage: „step into a homeless city”, Monika Huemer, Posthof 21.3. ★★★★★☆
von Peter Grubmüller → PDF